
Einleitung: Wenn das Herz schwer wird
Liebeskummer ist eine der intensivsten emotionalen Erfahrungen, die ein Mensch machen kann. Er kann uns den Boden unter den Füßen wegziehen, unser Selbstwertgefühl erschüttern und das Vertrauen in uns selbst infrage stellen. Doch gerade in dieser schwierigen Zeit liegt auch die Chance, den eigenen Selbstwert neu zu entdecken und zu stärken.
In diesem Artikel beleuchten wir, wie Liebeskummer und Selbstwert zusammenhängen, welche typischen Phasen es gibt und welche psychotherapeutischen Ansätze helfen können, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
1. Der Zusammenhang zwischen Liebeskummer und Selbstwert
Liebeskummer trifft nicht nur das Herz, sondern auch das Selbstbild. Wer verlassen wird oder selbst eine Beziehung beendet, erlebt oft Selbstzweifel: War ich nicht gut genug? Habe ich etwas falsch gemacht?
Ein verletzter Selbstwert kann dazu führen, dass wir uns selbst härter beurteilen, als es gerechtfertigt wäre. Psychotherapie kann hier helfen, diese Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern.
2. Die Phasen des Liebeskummers verstehen
Schock und Ungläubigkeit
Direkt nach einer Trennung dominiert oft der Schock. Man will nicht glauben, dass es vorbei ist. Diese Phase kann Tage oder Wochen dauern.
Emotionale Achterbahn
Wut, Trauer, Sehnsucht, Erleichterung – Gefühle wechseln sich ab. Das kann sehr anstrengend sein, ist aber ein normaler Teil des Verarbeitungsprozesses.
Neuorientierung
Irgendwann beginnen wir, uns neu auszurichten, Routinen anzupassen und uns ein Leben ohne den Ex-Partner vorzustellen.
3. Typische Selbstwert-Fallen bei Liebeskummer
Übermäßige Selbstkritik: „Ich bin schuld.“
Vergleiche mit anderen: „Der neue Partner ist bestimmt besser.“
Perfektionismus: „Ich muss mich verändern, um wieder geliebt zu werden.“
Das Erkennen dieser Fallen ist der erste Schritt, um sie zu durchbrechen.
4. Psychotherapeutische Ansätze zur Selbstwertstärkung
Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Hilft, negative Gedankenmuster zu hinterfragen und realistischere Bewertungen zu entwickeln.
Systemische Therapie
Betrachtet Liebeskummer im Kontext des gesamten Lebens- und Beziehungssystems.
Achtsamkeitsbasierte Verfahren
Fördern die Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu bleiben, ohne sich von schmerzhaften Gedanken mitreißen zu lassen.
5. Selbstfürsorge in Zeiten des Liebeskummers
Körperliche Gesundheit: Ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, Bewegung.
Soziale Kontakte: Austausch mit Freunden oder Familie.
Kreative Ausdrucksformen: Schreiben, Musik, Kunst.
6. Grenzen setzen – auch gegenüber sich selbst
Liebeskummer kann dazu führen, dass man sich selbst vernachlässigt oder in schädliche Verhaltensmuster zurückfällt – etwa ständiges Überprüfen der Social-Media-Profile des Ex-Partners.
Psychotherapeutischer Tipp: Lege klare Regeln fest, z. B. eine „Kontaktsperre“ für einen festgelegten Zeitraum. Das gibt emotionalen Abstand und schafft Raum für Heilung.
7. Den Selbstwert Schritt für Schritt aufbauen
Innere Dialoge verändern
Ersetze abwertende Gedanken („Ich bin nichts wert“) durch realistische und mitfühlende Sätze („Ich habe Fehler gemacht, aber ich bin trotzdem wertvoll“).
Erfolge bewusst wahrnehmen
Notiere kleine tägliche Erfolge – auch wenn es nur ein Spaziergang ist. Das stärkt das Gefühl, handlungsfähig zu sein.
Ressourcen aktivieren
Erinnere dich an Situationen, in denen du schwierige Phasen gemeistert hast. Diese Erinnerungen sind wertvolle Beweise für deine Stärke.
8. Unterstützung annehmen – ohne sich zu schämen
Viele Menschen scheuen sich, bei Liebeskummer Hilfe anzunehmen – aus Angst, schwach zu wirken. Dabei ist es ein Zeichen von Stärke, sich Unterstützung zu holen.
Ob in Form von Freunden, Familie oder professioneller psychotherapeutischer Begleitung – das Teilen der eigenen Gefühle entlastet und bringt oft neue Perspektiven.
9. Liebeskummer in einen persönlichen Wachstumsprozess verwandeln
Selbstreflexion: Was habe ich über mich und meine Bedürfnisse gelernt?
Beziehungsanalyse: Welche Muster haben sich wiederholt?
Zukunftsausrichtung: Welche Werte und Ziele möchte ich in einer künftigen Beziehung leben?
10. Tagesstruktur als Anker
Eine geregelte Tagesstruktur hilft, dem Chaos im Kopf etwas entgegenzusetzen.
Feste Aufstehzeiten, geplante Mahlzeiten, Bewegungseinheiten und soziale Kontakte wirken stabilisierend und geben dem Tag Halt.
Gerade in der psychotherapeutischen Arbeit mit Menschen in Liebeskummerphasen hat sich gezeigt, dass Struktur ein entscheidender Faktor für die Genesung ist.
11. Liebeskummer als Wendepunkt nutzen
So schmerzhaft Liebeskummer auch ist – er kann der Auslöser für nachhaltige persönliche Entwicklung sein.
Viele Menschen berichten rückblickend, dass sie nach einer Trennung klarer wussten, was ihnen wichtig ist, Grenzen besser setzen konnten und sich selbst stärker wahrgenommen haben.
Aus psychotherapeutischer Sicht ist Liebeskummer daher nicht nur ein Verlust, sondern auch ein Prozess der Selbstneuerfindung.
12. Fazit – Selbstwert stärken, um Liebeskummer zu heilen
Liebeskummer und Selbstwert sind eng miteinander verknüpft.
Je stabiler das Selbstwertgefühl, desto leichter lässt sich eine Trennung verarbeiten – und je bewusster wir uns um unseren Selbstwert kümmern, desto nachhaltiger gelingt der Neuanfang.
Psychotherapie, Selbstreflexion und eine gute Portion Geduld sind dabei wertvolle Begleiter.
Das Ziel ist nicht, den Schmerz zu verdrängen, sondern ihn zu durchleben, zu verstehen – und daraus gestärkt hervorzugehen.
Externe Fachinformationen
Pro Familia – Liebeskummer & Trennung
https://www.profamilia.de/Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) – Ressourcen zu Partnerschaft und Beziehungskrisen
https://www.dgps.de/Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – Psychische Gesundheit
https://www.bzga.de/
Buchempfehlungen
- Shahi Roccosski: Ich gehe, um mich selbst wiederzufinden (Gräfe und Unzer, 2021)
Doris Wolf: Liebeskummer überwinden – Selbstvertrauen stärken (PAL Verlag, 2019)
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